Böhmen
zu erklären, dieses zauberhafte Land hier und heute darzustellen,
ist schier unmöglich. Vor allem nicht in einem eng gefassten Zeitrahmen.
Das herrliche Land war früh begehrt und umworben. Aus dem Dunkel
der Geschichte hoben sich erste Konturen ab etwa in der Kunde
von dem Markomanenreich und Marbod von Böhmen, dem ersten Slawenreich
unter dem fränkischen Kaufmann Samo mit dem Großmährischen Reich.
Doch das alles war sehr kurzlebig. Es wurde abgelöst von den Przemysliden,
die mit ihrem Stamm der Tschechen die anderen Stämme einten. Das
war die große Zeit des Heiliggesprochenen König Wenzel, der heute
noch der Schutzpatron aller Tschechen ist. Doch damals schon herrschte
Eitelkeit, Neid und Missgunst und so wurde Wenzel von seinem Bruder
Boleslaw ermordet. Er wohnte auf seiner Burg bei Jung-Punzlau
oder heute Mlada Boleslav, etwa 60 Kilometer nördlich von Prag,
60 Kilometer Südlich von Reichenberg, Gablonz und dem Riesengebirge.
Wenzel hatte bereits mit der Christianisierung begonnen und den
Grundstein gelegt, dass im 12. und 13. Jahrhundert von Fürsten
und Edelmännern, Mönchen, Bauern, Handwerker aber auch zweit-
und Drittgeborene Adelssöhne und natürlich durch Heirat viele
schöne adelige aber auch reiche Fräuleins aus Deutschland ins
Land kamen. Also schon damals gab es wie nach dem zweiten Weltkrieg
für die Amerikaner das deutsche Fräuleinwunder. Wenzel war eigentlich
der erste böhmische Europäer, suchte aus dem Herzen Europas den
Kontakt zu den westlichen Nachbarn. Boleslaw aber gehörte zur
slawisch nationalistischen und heidnischen Partei. Nach dem Aussterben
der Przemysliden wird unter den Königen aus dem Haus Luxemburg
Prag der erste feste Sitz des Reichs. Karl der IV war nicht nur
Böhmens Vater und des Reiches Erzstiefvater. Er war einer der
größten Herrscher Europas, führte das Land auf allen Gebieten
in die Blüte. Seine weise Regierung, die ohne einen Tag Krieg
das Reich und dessen Ansehen mehrte, wird zu früh durch seinen
Sohn Wenzel IV um die Früchte ihres Wirkens gebracht. Doch das
nur nebenbei.
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Der
Name Karl der VI führt mich jetzt in meinem Vortrag zu diesem
heutigen Stammtisch ins Egerland, wo ja auch unsere Partnerstadt
Elbogen liegt. Elbogen ist das Paradebeispiel, dass der heutige
Staat Tschechien versucht, nach der vom Sozialismus und Kommunismus
verursachten größten Kulturkatastrophe mit dem Verschwinden vieler
Ortschaften, die Veränderung und Verschiebung von den Strukturen
der Städte, in der Landschaftsgestaltung durch die ganz andere
Aufteilung von Äckern und Fluren, was man nicht nur im Zuge der
Flurbereinigung erfolgte, jahrzehntelange Versäumnisse der Denkmalpflege
mit beachtlich und anerkennend vor allem deutsche bauliche Kulturdenkmäler
erhält. Elbogen gehört heute zu den Städten, die man offiziell
als Denkmalreservation bezeichnet. Das sind aus dem Egerland noch
Eger und Franzensbad, alles Städte mit erhaltenem historischem
Kern. Erstaunlicherweise fehlen da allerdings Karlsbad und Joachimsthal.
Karlsbad
ist dabei ein weltberühmter Kurort, der seine Gründung 1554 dem
Besuch von Kaiser Karl dem IV in Elbogen zu verdanken hat. Karl
war zu Gast auf Burg Elbogen und ging im Egertal auf Hirschjagd.
Ein stattliches Exemplar entwischte ihm mit einem Sprung in die
Tiefe, wo er tot in einer heißen Quelle landete. Karl zog seine
Stiefel aus und seine Füße fanden Wohlbefinden. Er gab die Order,
Karlsbad zu gründen. Hier sammelt bis heute auf kleinem Raum ein
Leben und Treiben der großen Welt in einem Brennspiegel.
Unsere Partnerstadt Elbogen aber ist ein landschaftliches Kunstwerk,
wie Johann Wolfgang von Goethe es einmal beschrieb. Und Carl Spitzweg,
der Münchener Maler verglich sie mit Wasserburg am Inn. Hier war
er oft und feierte mit den Levetzows seinen 74 Geburtstag mit
einem Heiratsantrag an deren 17-jährige Tochter Ulrike. Die Gaststätte
Weißes Ross mit seiner Terrasse erinnert an dieses Ereignis.
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