Tschechien - ein Land aus drei Ländern -                                                                      Seite 2
Von Wilfried Läbe - Journalist und Tschechien-Kenner aus Günzburg

Böhmen zu erklären, dieses zauberhafte Land hier und heute darzustellen, ist schier unmöglich. Vor allem nicht in einem eng gefassten Zeitrahmen. Das herrliche Land war früh begehrt und umworben. Aus dem Dunkel der Geschichte hoben sich erste Konturen ab etwa in der Kunde von dem Markomanenreich und Marbod von Böhmen, dem ersten Slawenreich unter dem fränkischen Kaufmann Samo mit dem Großmährischen Reich. Doch das alles war sehr kurzlebig. Es wurde abgelöst von den Przemysliden, die mit ihrem Stamm der Tschechen die anderen Stämme einten. Das war die große Zeit des Heiliggesprochenen König Wenzel, der heute noch der Schutzpatron aller Tschechen ist. Doch damals schon herrschte Eitelkeit, Neid und Missgunst und so wurde Wenzel von seinem Bruder Boleslaw ermordet. Er wohnte auf seiner Burg bei Jung-Punzlau oder heute Mlada Boleslav, etwa 60 Kilometer nördlich von Prag, 60 Kilometer Südlich von Reichenberg, Gablonz und dem Riesengebirge. Wenzel hatte bereits mit der Christianisierung begonnen und den Grundstein gelegt, dass im 12. und 13. Jahrhundert von Fürsten und Edelmännern, Mönchen, Bauern, Handwerker aber auch zweit- und Drittgeborene Adelssöhne und natürlich durch Heirat viele schöne adelige aber auch reiche Fräuleins aus Deutschland ins Land kamen. Also schon damals gab es wie nach dem zweiten Weltkrieg für die Amerikaner das deutsche Fräuleinwunder. Wenzel war eigentlich der erste böhmische Europäer, suchte aus dem Herzen Europas den Kontakt zu den westlichen Nachbarn. Boleslaw aber gehörte zur slawisch nationalistischen und heidnischen Partei. Nach dem Aussterben der Przemysliden wird unter den Königen aus dem Haus Luxemburg Prag der erste feste Sitz des Reichs. Karl der IV war nicht nur Böhmens Vater und des Reiches Erzstiefvater. Er war einer der größten Herrscher Europas, führte das Land auf allen Gebieten in die Blüte. Seine weise Regierung, die ohne einen Tag Krieg das Reich und dessen Ansehen mehrte, wird zu früh durch seinen Sohn Wenzel IV um die Früchte ihres Wirkens gebracht. Doch das nur nebenbei.

 

Der Name Karl der VI führt mich jetzt in meinem Vortrag zu diesem heutigen Stammtisch ins Egerland, wo ja auch unsere Partnerstadt Elbogen liegt. Elbogen ist das Paradebeispiel, dass der heutige Staat Tschechien versucht, nach der vom Sozialismus und Kommunismus verursachten größten Kulturkatastrophe mit dem Verschwinden vieler Ortschaften, die Veränderung und Verschiebung von den Strukturen der Städte, in der Landschaftsgestaltung durch die ganz andere Aufteilung von Äckern und Fluren, was man nicht nur im Zuge der Flurbereinigung erfolgte, jahrzehntelange Versäumnisse der Denkmalpflege mit beachtlich und anerkennend vor allem deutsche bauliche Kulturdenkmäler erhält. Elbogen gehört heute zu den Städten, die man offiziell als Denkmalreservation bezeichnet. Das sind aus dem Egerland noch Eger und Franzensbad, alles Städte mit erhaltenem historischem Kern. Erstaunlicherweise fehlen da allerdings Karlsbad und Joachimsthal.

Karlsbad ist dabei ein weltberühmter Kurort, der seine Gründung 1554 dem Besuch von Kaiser Karl dem IV in Elbogen zu verdanken hat. Karl war zu Gast auf Burg Elbogen und ging im Egertal auf Hirschjagd. Ein stattliches Exemplar entwischte ihm mit einem Sprung in die Tiefe, wo er tot in einer heißen Quelle landete. Karl zog seine Stiefel aus und seine Füße fanden Wohlbefinden. Er gab die Order, Karlsbad zu gründen. Hier sammelt bis heute auf kleinem Raum ein Leben und Treiben der großen Welt in einem Brennspiegel.

Unsere Partnerstadt Elbogen aber ist ein landschaftliches Kunstwerk, wie Johann Wolfgang von Goethe es einmal beschrieb. Und Carl Spitzweg, der Münchener Maler verglich sie mit Wasserburg am Inn. Hier war er oft und feierte mit den Levetzows seinen 74 Geburtstag mit einem Heiratsantrag an deren 17-jährige Tochter Ulrike. Die Gaststätte Weißes Ross mit seiner Terrasse erinnert an dieses Ereignis.

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